Recht
Wertsicherungsklausel im Mietvertrag: OGH Urteile bringen neue Risiken
Neue Urteile zur Wertsicherungsklausel im Mietvertrag: Was OGH & VfGH entschieden haben und wie du Rückforderungen & Fehler jetzt vermeidest.
OGH- und VfGH-Urteile zur Wertsicherungsklausel im Mietvertrag sorgen für Verunsicherung:
Mehrere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (OGH) und des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) sorgen derzeit für erhebliche Verunsicherung unter Vermieter:innen. Im Zentrum der Debatte stehen sogenannte Wertsicherungsklauseln bzw. Indexklauseln in Mietverträgen, also Regelungen, wonach die Miete automatisch an die Inflation angepasst wird. Der OGH beurteilte nicht individuell ausgehandelte Klauseln mit Wirkung in den ersten zwei Monaten als unzulässig mit dementsprechend weitreichenden Folgen für die Wertanpassung (Indexanpassung) in Mietverträgen. Der Verfassungsgerichtshof bestätigte kürzlich, dass diese Auslegung mit der Verfassung vereinbar ist. Damit droht in vielen Fällen, dass jahrzehntelang wirksam geglaubte Mieterhöhungen und damit verbundene Wertsicherungsklauseln tatsächlich unwirksam waren und rückabgewickelt werden müssen. Diese hätte teils erhebliche Rückzahlungen zu hoher Mieten zur Folge.
In diesem Artikel erfährst du:
✔️ Wann deine Wertsicherungsklausel im Mietvertrag gültig ist...
✔️ Was die OGH-Entscheidungen wirklich bedeuten…
✔️ Wann Rückforderungen drohen…
✔️ Wie du Mietverträge rechtssicher gestaltest…
Was sagt der OGH zur Wertsicherungsklausel im Mietvertrag?
Ausgangspunkt der Judikatur in Österreich ist § 6 Abs 2 Z 4 des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG). Danach sind Indexklauseln, die eine Preiserhöhung innerhalb der ersten beiden Monate nach Vertragsabschluss vorsehen, unzulässig, es sei denn, sie wurden individuell ausgehandelt. Diese Regelung galt bislang in erster Linie für Kaufverträge und andere Einmalgeschäfte. Der OGH hat jedoch in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass sie auch auf Mietverträge und damit auf sogenannte Dauerschuldverhältnisse, anzuwenden ist. Die aktuelle Rechtsprechung bezieht sich dabei auf standardisierte Mietverträge, wie sie in der Praxis üblich sind. Diese werden häfig von großer Hausverwaltungen und gewerblicher Vermieter verwendet, es können aber auch Mietvertrags-Vorlagen aus dem Internet sein.
Diese Sichtweise hat der Verfassungsgerichtshof im Juli 2025 bestätigt. Er entschied, dass die entsprechende Vorschrift im KSchG mit der Verfassung im Einklang steht, auch wenn dadurch Eigentümerinteressen berührt werden. Der Schutz von Konsument:innen, so das Höchstgericht, wiege in diesem Zusammenhang schwerer. Dies hat für dich als gewerblichen Vermieter unter Umständen unmittelbare Auswirkungen.
Bin ich betroffen? Wann die Wertsicherungsklausel im Mietvertrag ungültig ist
Für private Vermieter:innen, die Wohnungen im Rahmen einer „privaten“ Vermietung vermieten und nicht als Unternehmer im Sinne des KSchG gelten, hat diese Rechtsprechung keine unmittelbaren Auswirkungen. Das bedeutet für dich als Privatvermieter, wenn du als natürliche Person einzelne Wohnungen vermietest, z.B. im Rahmen deiner Altersvorsorge, muss du deine bestehenden Mietverträge in der Regel nicht anpassen. Wertsicherungsklauseln bleiben zulässig, solange sie klar formuliert und transparent vereinbart wurden. Auch automatische Indexierungen, etwa mit dem Verbraucherpreisindex (VPI), können weiterhin Bestandteil privater Mietverträge sein, sofern sie nicht überraschend oder intransparent geregelt sind.
Wichtiger Hinweis: In dieser Angelegenheit ist entscheidend, ob du ein privater Vermieter ohne Anwendung des KSchG oder ein gewerblicher Vermieter mit Anwendung des KSchG giltst
Anders verhält es sich, Wenn du ein gewerblicher oder institutioneller Vermieter bist, etwa bei der Vermietung von einer Mehrzahl an einzelnen Wohnungen oder mehreren Zinshäusern. Ebenso bist bei der Vermietung im Rahmen eines Immobilienunternehmens ein gewerblicher Vermieter. In diesen Fällen greift das KSchG und damit auch die restriktive Auslegung der Wertsicherungsklauseln. Hier gilt für dich, wurde eine Indexierungsklausel standardmäßig in den Vertrag aufgenommen, ohne echte Verhandlung, und sieht sie eine Anpassung innerhalb der ersten zwei Monate vor, ist sie nach der aktuellen Judikatur unwirksam. Und zwar nicht nur für zukünftige Erhöhungen, sondern auch rückwirkend ab Vertragsbeginn.
Rückforderung oder Nachverrechnung der Miete: Wenn die Indexklausel unwirksam ist
Die wirtschaftlichen Konsequenzen dieser Urteile können gravierend sein. Sofern die Klausel als unwirksam zu qualifizieren ist, können deine betroffenen Mieter:innen die zu viel bezahlte Miete zurückfordern. Unter bestimmten Umständen ist sogar eine Rückforderung über Jahrzehnte hinweg denkbar, abhängig von der jeweiligen Verjährungsregelung und konkreten Vertragsgestaltung. Zwar dürfte die Rückforderung in vielen Fällen an Verjährungsfristen scheitern, jedoch ist die Rechtslage komplex und in weiten Teilen noch nicht höchstgerichtlich geklärt. In jedem Fall drohen dir als Vermieter langwierige Verfahren mit ungewissem Ausgang.
Hinzu kommt, dass eine unwirksame Klausel nicht durch eine einseitige Erklärung durch dich als Vermieter „geheilt“ werden kann. Auch eine Nachverhandlung mit deinem Mieter ist rechtlich sensibel und bedarf einer genauen Prüfung. Die Vertragsdokumentation ist daher von entscheidender Bedeutung, insbesondere der Nachweis, ob über die Indexklausel tatsächlich verhandelt wurde.
Lesetipp: Allgemeine Informationen rund um den Mietzins und die Wertsicherung findest du in unserem Artikel Mietzins in Österreich: Übersicht zu Indexierung, Kategoriemiete & Co.
So sichern Vermieter ihre Wertsicherungsklausel rechtlich ab
Auch wenn du als Vermieter nicht unmittelbar vom KSchG betroffen bist, empfiehlt es sich, deine Mietverträge genau zu prüfen, insbesondere dann, wenn du Musterverträge oder Vorlagen verwendet hast. Achte auf transparente Formulierungen und eine klare Darstellung der Indexierung. Informiere deine Mieter schriftlich und rechtzeitig über Mieterhöhungen und begründe diese nachvollziehbar. Ein Vermerk im Vertrag über eine einvernehmliche Vereinbarung zur Wertsicherung kann künftig rechtlich vorteilhaft sein.
Für gewerbliche Vermieter gilt, verzichte auf standardisierte Klauseln ohne individuelle Vereinbarung. Dokumentiere die Verhandlungen über den Mietvertrag, insbesondere über die Wertsicherungsklausel. Nutze möglichst keine fixen Textbausteine, sondern halte individuelle Einigungen vertraglich fest. Nur so kannst du später nachweisen, dass keine unzulässige Klausel vorliegt. Lasse dir von einem Rechtsanwalt einen individuellen Mietvertrag erstellen.
Lesetipp: Wie du einen Mietvertrag richtig aufsetzt, kannst du im Artikel Mietvertrag richtig aufsetzen nachlesen.
Häufig gestellte Fragen zu diesem Thema
Hier findest du alle Antworten auf die wichtigsten Fragen zu diesem Thema.
Fazit
Die Entscheidungen von OGH und VfGH bringen erhebliche Unsicherheit in Bezug auf die vergangene und zukünftige Wertanpassung von Mietverträgen für Vermieter:innen, insbesondere im gewerblichen Bereich. Für dich als privater Vermieter besteht aktuell kein akuter Handlungsbedarf, dennoch empfiehlt sich eine vorausschauende Vertragsgestaltung. Die klare Unterscheidung zwischen privater Vermietung und gewerblicher Tätigkeit bleibt zentral. Wer künftig Indexierungen rechtssicher vornehmen möchte, sollte nicht nur auf die inhaltliche Formulierung achten, sondern auch auf den vertraglichen Kontext und im Zweifelsfall rechtlichen Rat bei einem Anwalt einholen.